Wenn es um Wahrheiten geht, sind sich die Menschen selten einig. Besonders trifft das zu auf Wissenschaftler. Dabei geht es in der Wissenschaft gerade um Wahrheit. Eigentlich steht das im Widerspruch. Gibt es nur eine Wahrheit oder mehr als eine Wahrheit in der gleichen Angelegenheit?
Montag, den 13. April 2020
Bevor ich aus meinen Arbeitserfahrungen erzähle, hole ich aus – soweit wie möglich.
Ich bitte um Nachsicht, wir befinden uns mitten in der Coronakrise und die Bibliotheken sind geschlossen. Bis Mitte März habe ich einige Literatur erlangen können, teilweise kopiert oder als pdf-Datei heruntergeladen. Einiges habe ich noch nicht erhalten. Das ist nachzuholen. Trotzdem ist die Sache anzufangen und ich will das gründlich tun. Deshalb hole ich weit aus.
Haeckel gegen Hensen
Zu Ende des 19. Jahrhunderts fand eine denkwürdige Auseinandersetzung zwischen zwei bekannten deutschen Gelehrten statt. Ernst Haeckel und Victor Hensen hatten als Medizinstudenten ein Semester zusammen bei Professor Johannes Müller studiert. Sie gingen danach getrennte Wege. Häckel wurde Professor für Zoologie in Jena, Hensen wurde Professor für Physiologie in Kiel. Beide hatten dreißig Jahre nach dem Studium das gleiche Arbeitsgebiet, das Plankton des Meeres. Sie fassten es aber ganz unterschiedlich auf. Haeckel warf in seiner Streitschrift Hensen vor, er tue Unnützes. Heute viele Jahre später (Porep 1972) wird gesehen, dass hier zwei völlig unterschiedliche Haltungen gegenüber dem Meeresplankton zum Ausdruck kamen. Auf der einen Seite stand der begnadete Künstler Haeckel in seiner vergleichenden Betrachtung der Lebenserscheinungen und fragte nach Verwandtschaften und Abstammung. Auf der anderen Seite suchte Hensen nach Wirkungszusammenhängen, fasste seine Ergebnisse in mathematische Formeln und arbeitete an der Erfassung der Produktionskraft des Meeres.
Die ersten Gelehrten, welche Planktonorganismen unter das Mikroskop legten, um sie zu beschreiben, waren die Mediziner Johannes Müller und Rudolf Albert von Koelliker. Johannes Müller verwendete als erster zum Fang von Plankton einen Handkescher, den er mit Beuteltuch bestückte. Das Beuteltuch oder Seihtuch besteht aus einem engmaschigen Seidengewebe, das die Müller zum Sieben von gemahlenem Getreide benutzten. Später wurde dieses Seidengewebe unter Planktologen als Müllergaze bekannt. Mit dem Handkescher war es aber nur möglich, an der Oberfläche zu fischen. Hensen baute für die Probenahme unterhalb der Oberfläche das erste konische Netz, dessen Bauprinzip heute noch viel verwendet wird. Er berechnete die Durchlässigkeit des Netzgewebes für Wasser und daraus den Netzfaktor. Das Netzgewebe wirkt als Bremse für die Bewegung des Wassers und nur ein Teil des Wassers, auf welches die Netzöfffnung trifft, tritt tatsächlich in das Netz ein und verlässt das Netz durch die Maschen. Bald bemerkte er, dass dieses Fanggerät seinem Wunsch nach einer verlässlichen quantitativen Beprobung nicht entsprach, weil die Netzmaschen durch die Planktonorganismen verstopft werden. Später ging er noch einen Schritt weiter und dachte an, es wäre besser, das Wasser zu schöpfen und auf dem Schiffsdeck zu filtrieren.
Quantitative Arbeit bedeutete für Hensen zuerst, nach den Begrenzungen seiner Arbeitsgeräte zu fragen. Wie viel kann ein Netz als Arbeitsgerät leisten? Einfach ein Netz durchs Wasser ziehen?
Porep, Rüdiger, 1972. Methodenstreit in der Planktologie – Haeckel contra Hensen: Auseinandersetzung um die Anwendung quantitativer Methoden in der Meeresbiologie um 1890. Medizinhistorisches Journal Band 7, Heft 1/2, S. 72-83.
Porep ist Medizinhistoriker und übernimmt von seinem Kollegen K. E. Rothschuh die Einteilung in Systematiker und Methodiker, um den Unterschied zwischen Haeckel und Hensen zu erklären. Beide waren Mediziner vom Studium her und gingen mit völlig unterschiedlichen Haltungen an das Meeresplankton.
Der Systematiker Ernst Haeckel hatte Naturgeschichte betrieben, Ordnung in die lebendige Natur zu bringen. Er hatte Klassifizierung betrieben, Arten neu beschrieben und Stammbäume erstellt. Und er tat das aus einer sehr selbstsicheren Haltung, soweit, dass er mit der Abstammungslehre und mit seiner Lehre vom Monismus absolute Wahrheiten verkündete und Kritiker grob anging.
Der Methodiker Victor Hensen hatte gefragt, wie kann ich meine Arbeitsgeräte verbessern, um sein Ziel, die Erfassung der biologischen Produktionskraft im Meer zu betreiben. Der Handkescher seines Lehrers Johannes Müller war ihm nicht genug, so baute er ein völlig neues Planktonnetz, dessen Konstruktionsprinzip teilweise heute noch benutzt wird. Er hatte Zweifel an bestehenden Geräten und hat diese verbessert bis hin zur Neukonstruktion. Er war sich der Grenzen seiner Konstruktionen bewusst, hat einen Netzfaktor berechnet, um zu ermessen, wie viel Wasser das Planktonnetz tatsächlich durchfließt und wie viel Wasser damit gefiltert wird. Auch das Problem der Verstopfung war ihm bewusst, wie aus einem kurzen Beitrag im Centralblatt hervorgeht.
Hensen, V. , 1895. Methodik der Untersuchungen bei der Plankton-Expedition. Kiel und Leipzig. Zitiert nach Kofoid 1897. On some important sources of error in the plankton method. Science, New Series. Vol. 6, No. 153 (Dec. 3, 1897), pp. 829-832.
Hensen, Victor, 1897. Bemerkungen zur „Planktonmethodik“. Biologisches Centralblatt Band 17, 510-512.
Zu seinen Lebzeiten war Hensen als Methodiker nicht allein. Mehr als einer hat um die Jahrhundertwende zwischen 1890 und 1905 den Vergleich angestellt und beim Planktonfang sowohl das Zugnetz wie die Pumpe benutzt.
19. April 2020
Kofoid (1897 a,b) sammelte an einem drei Meter tiefen Fluss. In solch einem flachen Gewässer mit wechselnden Wasserständen und Bewuchs mit Unterwasserpflanzen ist es schwierig mit dem konischen Netz zu arbeiten. Er baute einen Seilzug in das Gewässer mit einem vom Grund bis zur Oberfläche schräg gespannten Leitseil, an dem das Netz aufgehängt war. Das Netz wurde im Schrägzug daran entlang gezogen über dreißig Meter. Parallel dazu stellte er eine Pumpe auf ein Ruderboot, und verband diese mit einem Schlauch. Die Pumpe hatte zwei Zylinder, eine senkrechten Schwengel und lieferte einen ziemlich gleichmäßigen Wasserstrom. Gepumpt wurde vom Grund bis zur Oberfläche. Das gepumpte Wasser wurde in ein Netz geleitet, das in einem hölzernen Rahmen neben dem Boot im Wasser hing. Der Überbord des Rahmens betrug acht Zentimeter und reichte aus.
Kofoid, C. A., 1897. Plankton studies. I. Methods and Apparatus in use in plankton investigations at the Biological Experiment Station of the University of Illinois. Bulletin of the Illinois State Laboratory of Natural History, Urbana, Ill. Band 5, 1-25. Seven plates.
Die Ergebnisse aus diesen Untersuchungen veröffentlichte Kofoid im gleichen Jahr in der Zeitschrift Science. Der Vergleich von Netz- und Pumpenfang ergab Netzkoeffizienten von 1,5 bis 5,7 als Maß für den Fehlbetrag im Netz. Das ist erklärlich durch die hohen und stark wechselnden Planktonkonzentrationen im untersuchten Gewässer. Dazu führte er Netzzüge über unterschiedliche Strecken durch von 5 bis 25 Metern und fand, dass der Netzkoeffizient von 1,5 beim 5 m-Zug auf 4,83 beim 25 m-Zug stieg. 84 bis 96 % eines 30 m-Netzzuges gelangten auf den ersten 15 Metern in das Netz. Das gepumpte Wasser unterwarf er verschiedenen Methoden der Konzentration des Planktons, z. B. mit der Zentrifuge und mit der Verwendung unterschiedlicher Filter. Danach fand er, dass kleine Algen auch durch die Maschen der Seidengaze hindurchrutschen, also nicht im Netz gefunden werden. Es ist festzuhalten, dass diese Ergebnisse bis heute nicht widerlegt, also nicht falsifiziert worden sind.
Kofoid, C. A., 1897. On some important sources of error in the plankton method. Science, New Series. Dezember 1897.
Montag, den 20. April 2020
Robert (1922) verglich am schweizerischen Lac de Neuchâtel Netzfänge und Pumpenfänge. Er benutzte Planktonnetze verschiedener Herkunft aus Seidengaze, Nr. 12 mit Maschenweiten von 65-80 μ und Nr. 20 mit Maschenweiten von 33-70, dazu eine Flügelpumpe und eine Pumpe von Hany. Netze der Nummer 12 fingen vor allem große Zooplankter wie Ruderfußkrebse und Wasserflöhe, während die Netze mit der Nummer 20 junge Ruderfußkrebse, Nauplien, Rädertiere und Phytoplankton fingen. Der Einsatz einer Pumpe ergab gute Fänge von Rädertieren und Phytoplankton, während die großen Zooplankter aus der Gruppe der Wasserflöhe nur schwach oder nicht im Fang vertreten waren. In der Methodenbeschreibung gibt Robert (1922) an, dass er zum Pumpenfang einen Schlauch mit einem Durchmesser von 1,5 cm benutzte.
Robert, Henri, 1922. L`emploi du filet et de la pompe dans les pȇches de plancton. Annales de biologie lacustre. XI, 208-240.
Elster (1958) untersuchte eingehend die möglichen Gerätschaften zum Planktonfang, besonders die Pumpe und ihr Zubehör. Er fand, dass ein Ansaugschlauch mit einem Trichter versehen werden soll oder der Schlauch muss einen Durchmesser von mindestens 2,5 cm haben, um Zooplankton fangen zu können. Von daher ist es im Rückblick verstehbar, dass Robert (1922) bei seinen Pumpversuchen mit einem dünneren Schlauch wenig Wasserflöhe und Ruderfußkrebse fing.
Elster, Hans-Joachim, 1958. Zum Problem der quantitativen Methoden in der Zooplanktonforschung. Verhandlungen des Internationalen Vereins für Limnologie XIII, 961-973.
Gibbons & Fraser (1937) verglichen Netzfang und Pumpenfang auf dem Meer und zogen aus ihren Ergebnissen die Folgerungen, dass die Pumpenmethode praktikabel, einfach, genau und erfolgreich für kleine Formen, aber auch für große Formen ist, wenn diese in ausreichender Zahl vorkommen. Der herausragende Vorteil ist die quantitative Arbeit; sie muss nicht teuer sein, es kann leicht gearbeitet werden und die beprobte Tiefe und das gefilterte Volumen sind genau bekannt. Es soll außer Frage sein, dass die Pumpe nicht das Netz voll ersetzen muss. Die Netze mit größeren Maschenweiten, welche riesige Mengen an Wasser filtrieren bei der Suche nach Formen mit geringer Dichte im Raum, besonders Fischlarven, sind nicht zu ersetzen.
Gibbons, S. G. and J. H. Fraser, 1937. The centrifugal pump and suction hose as a method of collecting plankton samples. ICES Journal of Marine Science Vol. 12, Issue 2, pages 155-170.
Lese ich heute im Jahre 2020 Originalarbeiten über Zooplankton, wundere ich mich, dass so wenige Autoren das Zooplankton aus dem See oder Fluss mittels einer Pumpe fangen. Eine Ausnahme ist Chick et al. (2010). McQueen & Yan (1993) zählten, dass das Planktonnetz mit 53 % am häufigsten in Gebrauch ist. Nur in 30 von 129 Untersuchungen wurde ein Durchflussmesser in das Netz eingehängt, um das filtrierte Volumen zu messen.
Chick, John H., Alex P. Levchuk, Kim A. Medley, and John H. Havel, 2010. Underestimation of rotifer abundance: a much greater problem than previously appreciated. Limnology and Oceanography: Methods 8, 78-87.
McQueen, Donald J. And Yan, Norman D., 1993. Metering filtration efficiency of freshwater zooplankton hauls: reminders from the past. Journal of Plankton Research 15, no. 1, 57-65.
Weiter ernüchternd ist der Vorwurf von Robert H. Peters (1991), dass Bearbeiter von Organismen mehr an der Naturgeschichte interessiert sind, als Ökologie zu betreiben. Wobei ich hier unter Ökologie die Untersuchung von Kausalzusammenhängen und von Stoffumsätzen im Ökosystem verstehe.
Peters, Robert Henry, 1991. A critique for ecology. Cambridge University Press. Cambridge New York Port Chester Melbourne Sydney.
Dieses Buch finde ich im Katalog einer Universitätsbibliothek. Wer leiht es aus und liest es? Die Nachfrage ist so gering, dass es bis heute nicht in die deutsche Sprache übersetzt worden ist. Der Inhalt ist für einschlägige Kreise offensichtlich nicht interessant.
Ich sehe eine Dreiteilung bei den Planktologen. Da sind einmal jene, welche die Organismen an sich betrachten und anderes beiseite lassen; die Fangtechnik z. B. interessiert nicht. Zweitens gibt es einige, welche, ihre Sammeltechniken verbessern wollen und an den Geräten arbeiten. Drittens fahren Fischereibiologen zum Fang von Ichthyoplankton aufs Meer und betreiben hohen Aufwand, um Fischeier und Fischlarven zwecks Bestandsschätzungen zu sammeln. In den letzten beiden Gruppen arbeiten Methodiker an einem Problem. Ich kann verstehen und billige, dass im Biologiestudium die Bestimmungsübungen ein Teil des Grundstudiums sind. Ein Biologe muss wissen, mit welcher Pflanze und mit welchem Tier er arbeitet. Das gehört zu den Grundlagen. Wir brauchen Systematiker.
An unseren heimischen Seen treten wir auf der Stelle.
Gibt es den Gegensatz wie in der Kontroverse zwischen Ernst Haeckel und Victor Hensen noch? Ich lese heute keine Polemik in den Zeitschriften und Büchern. Es gibt ein Schweigen betreffend besserer Arbeitsmethoden. Wer kümmert sich um die Wirkungszusammenhänge im Gewässer und bearbeitet diese? Als Fischereibiologe darf ich nicht die künstlich errichteten Fachgrenzen zwischen Fischerei und Naturschutz beachten, sondern ich muss fachübergreifend arbeiten. Der Phosphor bestimmt als begrenzender Wachstumfaktor (bottom-up) die Menge der Organismen im Gewässer. Das gilt für Algen, Wasserflöhe und für die Fische. Umgekehrt beeinflusst der Tierbestand das Geschehen (top-down) im Gewässer. In den neunziger Jahren des vorigen Jahrhundert ging das Wort von der Ichthyoeutrophierung herum. Das Wort stand für einen negativen Einfluss von Fischbesatz auf den Zustand eines Gewässers und entstand aus den Arbeitsergebnissen an israelischen Fischteichen. Heute vernehme ich dieses Wort nicht mehr, es ist außer Moden gekommen, weil kein quantitativer Beweis in einer Regressionsrechnung erbracht worden war. Das soll die Fischerei nicht hindern, weiter am Problem zu arbeiten und so es nötig ist, sich auch um Zooplankton und Nährstoffe kümmern und diese aus ihrer Sicht bearbeiten.
01. Juli 2020
Inzwischen habe ich einiges von der durchgearbeiteten Literatur zusammengestellt und lade mit dem Stand von heute hier hoch:
Ergänzend dazu lade ich meinen Berechnungsmodus für die Biomasse des Zooplanktons hoch:
Der Erfahrungsbericht ist weiter in Bearbeitung, hier ist der Stand dieser Woche.
Montag, 17. August 2020
Was ist Neutralität?
Woran erkenne ich Neutralität?
Oder ist es mir möglich, das Fehlen von Neutralität zu erkennen?
Ist das Gegenteil von Neutralität die Neigung zu einer Seite?
Abhängigkeit ist davon verschieden.
Was ist einseitig?
Woran zeigt sich Unabhängigkeit?
Wir sind eine Gesellschaft mit unterschiedlichen Gruppeninteressen. Können die zusammen?
Wer kann das bewirken?
Welche Kriterien müssen erfüllt sein?
Hängt das mit dem Streben nach Gerechtigkeit zusammen?
Wer die Musik bezahlt, bestimmt, welches Stück gespielt wird.
Welche Unterstützer kann ich gewinnen?
Fehlersuche.
Es gibt Flüchtigkeitsfehler
Schreibfehler
Rechenfehler
Gibt es Fehler, die bewusst begangen werden?
Wenn ja, dann wäre das ein Fall von falsches Zeugnis geben – lügen.
Sind Menschen, die Wahrheiten suchen wollen, zu einem falschen Zeugnis imstande?
Wie schütze ich mich vor Fehlern?
Mittwoch, den 16. September 2020
Heute bin ich weiter in der Vorbereitung für ein Seenuntersuchungsprojekt und lese die Veröffentlichungen von Kollegen zum Thema Fraßdruck auf das Zooplankton durch Fische. Eine Kollegin aus einer staatlichen Anstalt hat mir die Bearbeitung von Deneke et al. (2015) empfohlen.
https://www.gewaesser-bewertung.de/files/deneke_phytoloss_modul_verfahrensanleitung_05_03_2015.pdf
Rainer Deneke, Gerhard Maier und Ute Mischke: Das PhytoLoss-Verfahren. Berücksichtigung des Zooplanktons in der Seenbewertung nach EU-WRRL durch die Ermittlung der Grazing-Effektstärke und anderer Indizes: Ausführliche Verfahrensvorschrift. Stand: März 2015. Version 2.0. Berlin 2015. Im Auftrag der LAWA (Länderarbeitsgemeinschaft Wasser, Expertenkreis Seen), Projekt 08.12 (Projektmodul PhytoLoss), Berlin.
Also habe ich mir das heruntergeladen, ausgedruckt und arbeite es durch.
Ich will gerne der Anforderung von Peters (1991) folgen und in der Lage sein, als Bearbeiter von ökologischen Problemen Voraussagen erstellen. Was gibt es bisher darüber? Auf den ersten Blick erscheint die Arbeit von Deneke et al. (2015) komplex angelegt. Das muss nicht schlecht sein. Die Komplexität in der Natur ist für den Bearbeiter eine große Schwierigkeit (Peters 1992). Die Erstellung von Voraussagen verlangt, dass Kausalbeziehungen bekannt sind. Welche Einflussgrößen wirken auf welche abhängige Größen ein? Das ist mathematisch in einer Regressionsrechnung zu efassen.
Fraßdruck von Fischen auf das Zooplankton sollte erfassbar sein. Es gibt gute Arbeitsgeräte, um Zooplankton zu fangen. Die Bearbeiter erstellen nach dem Fang einen Bericht und dann lese ich diesen und staune über die darin geschriebenen Wörter: Fachausdrücke. Diese sind wohl nötig, um die komplexen, schwierigen Sachverhalte darzustellen. Wieweit ist das Geschriebene über die Fachkreise hinaus bekannt und verständlich? So lese ich in Deneke et al. (2015) und suche die Fachausdrücke zu begreifen. Ich denke, dass dies mir helfen wird, die Sachverhalte zu durchdringen und zu verstehen. Der Fraßdruck von Fischen auf Zooplankton ist in die erwähnte Komplexität eingebettet und kann nicht davon getrennt werden. Ich hole mir das Duden Band 5 Fremdwörterlexikon von 1982 her und fange an. Teilweise greife ich auf das Internet (Wikipedia und andere Quellen zurück).
komplex (Duden):
vielschichtig; viele, sehr verschiedene Dinge umfassend; zusammenhängend
Komplexität (Duden):
Gesamtheit aller Merkmale, Möglichkeiten (z. B. eines Begriffes, Zustandes); Vielschichtigkeit
Seite 9 Zooplankton-Indizes:
Zooplankton (Duden): Die Gesamtheit der im Wasser schwebenden tierischen Organismen
indizes. Mehrzahl von Index (Duden):
- alphabetisches Stichwortverzeichnis
- Verhältnis der Schädelbreite zur Schädellänge in Prozenten (Messwert der Anthropologie)
- Hier: Verhältnis zweier Messwerte zu einander
Seite 9: Interaktion (Duden):
aufeinanderbezogenes Handeln zweier oder mehrerer Personen, Wechselbeziehung zwischen Handlungpartnern
Seite 9: Monitoring nach Wikipedia
Monitoring ist die Überwachung von Vorgängen.[1] Es ist ein Überbegriff für alle Arten von systematischen Erfassungen (Protokollierungen), Messungen oder Beobachtungen eines Vorgangs oder Prozesses mittels technischer Hilfsmittel oder anderer Beobachtungssysteme.
Seite 9:Bioindikation: Lexikon der Biologie, Spektrum. de
Bioindikation w, Anzeige der Schadstoffsituation in der Umwelt durch Organismen, die auf bestimmte Stoffe oder Stoffgruppen mit einer Veränderung ihrer Lebensfunktion reagieren oder die Schadstoffe akkumulieren (Anreicherungsfaktor).
Seite 9: Primärproduzent Lexikon der Biologie, Spektrum. de
Produzenten (i.e.S.), Organismen, die aus anorganischen Stoffen über Photosynthese oder Chemosynthese organische Substanzen produzieren (Primärproduktion).
Seite 9: Top-Prädator: Lexikon der Biologie, Spektrum .de
Spitzenprädator, auch Spitzenräuber, top predator oder top-level predator genannt, ist in der Biologie die nicht streng definierte Bezeichnung für eine biologische Art, die in einem Ökosystem an der Spitze der Nahrungspyramide steht. Er ist somit ein Prädator, der selbst keine Fressfeinde hat.
Seite 9: Biokomponente:
In der Bearbeitung eines Ökosystems die Organismen, welche bei der Ermittlung des Zustandes mit bewertet werden.
Seite 9: Referenzbedingungen: Wikipedia:
Eine Referenzbedingung ist eine Rahmenbedingung, die zu einer Untersuchung vorgeschrieben oder vereinbart und konstant zu halten ist. Sie dient in vielen Bereichen der Wissenschaft der Vergleichbarkeit von Ergebnissen unterschiedlicher Untersuchungen.
Seite 9: Standard: Duden
Normalmaß, Durchschnittsbeschaffenheit, Richtschnur; staatlich vorgeschriebene Norm
Seite 10: Top-down und Bottom-up Wikipedia
Als Top-down (engl. von oben nach unten) und Bottom-up (engl. von unten nach oben) werden zwei entgegengesetzte Wirkrichtungen in Prozessen bezeichnet, die in verschiedenen Sinnzusammenhängen für Analyse- oder Syntheserichtungen verwendet werden.
Seite
Am Anfang war ein Gefühl der Unzufriedenheit. Da stehen Menschen am Ufer eines Baggersees und ich kann sie einteilen in: Spaziergänger mit und ohne Hund, Angelfischer, Surfer, Segler, Badende und Naturschützer. Zwischen einigen gibt es große Meinungsverschiedenheiten. Die einen wollen diesen Teil der Natur nutzen, um sich ein Essen Fisch fangen, oder um sich vom Stress auf der Arbeitsstelle erholen oder sie verbinden die Freizeit mit einem Wettbewerb um den größten Fisch oder das schnellste Boot, während andere sich Gedanken machen um den Schutz der Natur und sich sorgen um die Erhaltung unserer Lebensgrundlagen. Ein Streitpunkt hier am Baggersee ist z. B. der Fischbesatz. Bei der Anlage eines Baggersees kamen die Bewohner des nächsten Dorfes recht schnell auf den Gedanken, daraus Fische fangen zu wollen. Da solch ein neuer Baggersee normalerweise keinen oberirdischen Zufluss und Abfluss hat, worüber Fische hätten zuschwimmen können, hat der neu gegründete Angelverein Fische eingesetzt. Aber der neu entstandene Baggersee war nährstoffarm und die Zufuhr und Anreicherung von Nährstoffen begann erst. Deshalb gab es wenig Nahrung für die Fische. „Das Tote Meer“ jammerten die Angler und der Angelverein wiederholte den Fischbesatz. So ging es von einem Jahr zum anderen und der Fischbesatz wurde zur Gewohnheit.
Nun gibt es Unterschiede in der Menge des Fischbesatzes von einem Baggersee zum anderen und beim Vergleich der limnologischen Merkmale von solch unterschiedlich genutzten Seen waren große Unterschiede erkennbar. Kann ich daraus Folgerungen ziehen?
Die Unterschiede sind da und ich sehe mich gefordert hier nicht mehr als Angelfischer, sondern in meinem Beruf als Fachmann für Gewässer mit Arbeitserfahrungen im In- und Ausland. Die fachliche Bearbeitung lässt sich in zwei Schritte einteilen: zunächst werden die Merkmale im See erfasst: die Tiefe des Gewässers, seine Temperaturschichtung, wie sauer oder alkalisch ist das Wasser, wie viel Salz ist im Wasser gelöst, dann wird Probenwasser in Flaschen gefüllt, um später im Labor die Algen im Wasser zu bestimmen. Dann wird noch ein Netz durch das Wasser gezogen, um Plankton zu fangen. Danach sind die Messungen, Zählungen und weitere Beobachtungen in einem Rahmen zu sehen. Wie sieht der Ist-Zustand aus? Kann ich daraus Schlüsse über vergangene Zustände ziehen? Und: Ist es möglich, Voraussagen zu erstellen?
25. Dezember 2021
ich mach mir Gedanken wegen dem Seenunteruchungsprojekt.
Erstens:
mir wurde schon vorgeworfen, dass ich langsam arbeite. Es stimmt, in Behörden muss schnell gearbeitet werden. Der Minister wünscht Klarheit, eindeutige Stellungnahmen und sagt seinen Beamten, heute Nachmittag gebe ich eine Pressekonferenz, zwei Stunden vorher will ich wissen, was ich zum Thema x sagen kann. Da bleibt keine Zeit, Grundlagenuntersuchungen anzustellen. Es muss schnell gearbeitet werden. Ich sehe mich in einer Verwaltung am falschen Platz, weil ich mir Zeit nehme und gründlich arbeite.
Zweitens:
in der Verwaltung gibt es Grenzlinien oft zwischen den Interessengruppen. Das ist geschickt für die Behörden, und hinderlich für eine Kausalanalyse über die Fachgrenzen weg.
Also tue ich gut daran, mich außerhalb der Institutionen umzusehen nach einer Arbeitsmöglichkeit. Dann darf ich das Unmögliche denken und hoffen, dass für das Projekt eine neue Institution in Karlsruhe gegründet wird.
Es ist billig, eine Binsenweisheit zu zitieren, z. B. dass man Bewährtes beibehalten sollte. Aber wie ist es mit Dingen, die sich nicht bewähren, mit denen gesteckte Ziele nicht erreicht werden. Üblicherweise werden fehlgeschlagene Arbeitsprojekte mit dem Mantel des Schweigens verdeckt. Das ist verständlich. Es darf mich nicht daran hindern, neue Wege und Mittel zu suchen.
Re: shribe! Newsletter 2019: Profil aktualisieren
Yahoo/Enviados
Albert Keim <albert482000@yahoo.de>
Para:shribe! News lun, 14 feb a las 14:32 geschrieben am 14. Februar 2022
Shribe schrieb über die Anwendung von Nullhypothese und Alternativhypothese. Ich habe ihm geantwortet und finde, dass es damit ins Grundsätzliche geht. Üblicherweise wird diese Anwendung in der medizinischen Forschung zur Testung von Medikamenten benutzt. Ich sehe eine Anwendung auch für meine Arbeit auf dem See.
Hallo shribe,
das ist interessant!
Ich frage nach dem Einfluss von Fischbesatz auf die Mobilisierung von Phosphor im Seewasser, wie Vorversuche von Kollegen in Nordamerika mit Enclosures nahelegen.
Die Kollegen hatten Messungen über den Sommer und zeigten positive Ergebnisse vor. Damit wäre die Alternativhypothese erfüllt.
Ich verfüge über Messergebnisse über das ganze Jahr aus einem See.
Zuerst habe ich einen chaotischen Haufen von Daten vor mir liegen. Im Winter wird wenig Nahrung aufgenommen und die Zielarten (Wasserflöhe) sind nur als Dauereier im See, also inaktiv. Bleiben Frühjahr, Sommer und Herbst: dieser Zeitraum teile ich auf in eine Zeit mit zunehmender Tageslänge (April, Mai, Juni) und eine Zeit mit abnehmende Tageslänge (Juli, August, September und Oktober). Soweit die Wasserproben mit der Schwerkraft filtriert wurden, ist für die abnehmende Tageslänge eine Korrelation zwischen dem Gewicht des Rotaugenbesatzes und dem TDP/TP-Verhältnis zu berechnen. Für die Zeit mit zunehmender Tageslänge ist eine Streuung der Messdaten zu sehen, eine Wirkung ist nicht nachweisbar. fischerei – p-fraktionen
Die Daten sind in der pdf-Datei enthalten: roach-stocking-vs-tdp_tp_ratio.pdf (p-fraktionen.de)
Die Arbeitshypothese hat also Einschränkungen über die Jahreszeiten.
Die Kollegen in europäischen Ämtern arbeiten mit Unterdruck bei der Filtration der Wasserproben. Druckschwankungen und Trockenfallen der Filtermembran beschädigen lebende Algenzellen, so dass Zellinhalte ins Filtrat übertreten und die Messergebnisse zeigen eine hohe Streuung. Eine Beziehung vom Fischbesatz mit einem limnologischen Parameter ist nicht zu sehen. Nullhypothese.
Vielen Dank für die Anregung, Das ist eine theoretische Überbauung für die Ergebnisse aus der induktiven Arbeit.
Der Statistiker wünscht sich gute Datensätze, welche das Kriterium der Normalität erfüllen. Damit kann ich nicht immer dienen.
Ruderfußkrebse erledigen die Fortpflanzung einmal im Jahr. okay, dann kann die ich Normalverteilung suchen und zeigen in der Größenverteilung. Wasserflöhe pflanzen sich in Schüben fort. Das geht im Frühjahr bis zum Herbst. Im Ergebnis habe ich für die Größenverteilung eine multimodale Verteilung. Um die Längenmessungen für Berechnungen benutzen zu können, muss ich Geräte benutzen, die systematische Fehler meiden.
Ein Vertikalzug mit dem Netz verursacht Fehler, weil die Aufhängeleinen Störgeräusche verursachen, die Plankter fliehen und die Netzmaschen verstopfen. Das ist nicht berechenbar, schrieb mein Diplomvater Jürgen Schwoerbel in seinem Methodenbuch. Benutze ich eine Pumpe zum Planktonfang, muss die Fließgeschwindigkeit am Ansaugstutzen die Fluchtgeschwindigkeit der Zooplankter übertreffen. Dann wird der Fang quantitativ und ich kann mit den Messdaten rechnen. Hier wird die gemessene Länge anhand einer Formel in Trockengewicht umgerechnet und ich kann diese Daten mit dem Gesamtphosphor in Beziehung setzen. Störungen wie Planktonfänge ohne Pumpe und der Monat Juli mit dem Badebetrieb müssen aussortiert werden. Ich erhalte eine polynomische Regression.
Die Daten in der pdf-Datei: tp-vs-dry-w-cladocera.pdf (p-fraktionen.de)
Ich wurde von Reviewern kritisiert, weil ich mit Excel eine polynomische Regression sechsten Grades berechnete. Mit jeder Erhöhung steigt auch das Bestimmtheitsmaß. Die Neuberechnung mit dem fünften Grad zeigte immer noch die Regression im signifikanten Bereich.
Es gibt gute Kollegen, die sich für die Naturgeschichte begeistern wegen der Schönheit und Vielfalt der lebendigen Natur. Das ist gut und schön. Die Naturgeschichte war und ist ein wichtiger Bestandteil meines Interesse am Biologiestudium. Darüber darf ich die Fragen nach den Stärken und Schwächen der benutzten Geräte nicht vergessen. Weiter sehe ich mich gefordert mit Fragen der Arbeitsmethodik und hinterfrage die Geräte auf ihre Wirksamkeit. Also bin ich darauf angewiesen, beides, Naturgeschichte und Methodenkritik zusammenzubringen.
Im Nachspann zur Bearbeitung habe ich die Geschichte der Planktologie aufgearbeitet. Es gibt einen Unterschied zwischen den Planktologen auf dem Meer und jenen auf den Seen. Bearbeiter des marinen Ichthyoplankton sollen den Bestand der laichenden Elterntiere aus der Dichte der Fischeier berechnen. Das verlangt quantitative Bearbeitung und erforderte methodenkritische Arbeit an den Geräten. Siehe: Erfahrungsbericht zu den Untersuchungen am Badesee Buchtzig (p-fraktionen.de)
Danke für die Anregung. Das gibt einen wertvollen Einblick in die Bearbeitungen.
Viele Grüße
Albert Keim
Schlittengasse 14
76646 Bruchsal
Bruchsal, den 23. Februar 2022
Auszug aus KE Rothschuh: Idee und Methode in ihrer Bedeutung für die geschichtliche Entwicklung der Physiologie. Sudhoffs Archiv 46, 2 (Juni 1962) pp. 97-119.
Seite 98:
„Wissenschaftsgeschichte Kann
- Deskriptive (quasi morphologisch) und empirisch betrieben werden, wobei das Sammeln von Befunden im Vordergrund steht. Sie kann
- Systematisch betrieben werden, wenn man die Befunde nach ihrer Ähnlichkeit oder der Art ihres Zusammenhangs oder nach zeitlichen Gesichtspunkten ordnet und systematisiert (vgl. Pflanzensystematik). Sie wird
- Kausalanalytisch-methodisch (quasi physiologisch) betrieben, wenn einzelne ursächliche Zusammenhänge geschichtlicher Phänomene und Abläufe nach ihrer Dynamik, nach ihrer Gesetzlichkeit analysiert werden. Man kann
- Versuchen, den Ablauf geschichtlicher Ereignisse komplex aus dem Gesamtgeflecht bestimmender Faktoren (Politische Situation, Wirtschaft, Gesellschaftsordnung, Technik, Zeitgeist usw.) gewissermaßen ökologisch zu interpretieren. Das ist die anspruchsvollste und schwierigste Art.“
Das obige Zitat ist bei Rothschuh (1962) als Fußnote enthalten, also fast versteckt und leicht zu übersehen. Es enthält aber sehr wesentliche Aussagen. Die vier Punkte können als Steigerung angesehen werden von einem bescheidenen Anfang mit Sammeln, über das Vergleichen hin zur Kausalanalyse und die Krönung ist eine Interpretation, sprich Bewertung in einem Gesamtzusammenhang von Politik, Wirtschaf, Gesellschaft, Technik und Zeitgeist. Bei meiner Arbeit als freiberuflicher Sachverständige sehe ich mich gefordert bis zur Stufe vier entsprechend den mehr oder weniger offen geäußerten Erwartungen der Auftraggeber.
Dienstag, 15. März 2022
Ich habe lange vor der Frage gestanden, warum auf Tagungen nach meinem Vortrag keine Fragen gestellt werden. Und am Telefon wird mir die Vermutung eines anonymen Reviewers übermittelt, dass ich meine Daten vielleicht manipuliert hätte. Also wurde das eingereichte Paper abgelehnt. Daraufhin habe ich die Excel—Dateien mit den Zooplanktonmessungen und den zugehörigen Berechnungen auf meine Homepage gestellt und nach München geschickt zur Nachberechnung. Es kann jedermann/jederfrau diese Unterlagen nachprüfen und nachberechnen.
Arbeit in der Wissenschaft ist heute hoch angesehen und es gibt gut bezahlte Arbeitsstellen. Entsprechend begehrt sind solche Anstellungen und verständlicherweise geraten Menschen in Versuchung, ihrem Glück nachzuhelfen. Aber es gibt eine wissenschaftliche Ethik und in dieser Ethik steht das Streben nach Wahrheit ganz oben. Im Alltag mögen wir eine Notlüge gebrauchen oder in persönlichen Begegnungen Ausreden und höfliche Formeln benutzen, um ein mögliches Agressionspotential abzupuffern. Wir lassen neune gerade sein. In der Wissenschaft ist die Wahrheit ein absoluter Wert. Mit neuen Erkenntnissen wird die Wahrheit immer neu verbessert, verändert. Die einzige Einschränkung ist das Gebot, nicht persönlich zu werden. Die Sache allein zählt. Und wer mit der Wahrheit übertreibt, sie tatsächlich absolut zu nehmen, der ist in der Gefahr, als Autist erkannt zu werden.
Als Wissenschaftler eine Wahrheit als Verbesserung von Zuständen zu suchen, das hat Konsequenzen. Für neue Erkenntnisse zu arbeiten, die in der Praxis zählen, braucht es einen Raum abseits des Alltages, abseits der anerkannten Institutionen.
Erschwerend wirkt, wenn es um Dinge geht, die mehr als eine Interessengruppe betreffen. Jede Gruppe hat ihre eigenen Meinungen und Fachleute dafür. Wer unvoreingenommen arbeiten will und Wahrheiten sucht als einen Mittelweg unabhängig von den Gruppeninteressen, den zeihen beide Seiten des Verrates. Er wird zerrieben.
Beispiele dafür sind der Konflikt zwischen der amtlichen Psychiatrie und der Antipsychiatrie und der Konflikt zwischen Naturnutzung, hier Angelfischerei und Naturschutz.
Mittwoch, 16. März 2022
Für mich kann ich nur sagen, dass ich damals 2005 mit der Auswertung der Daten vom Buchtzigsee begonnen hatte. Diese Auswertungen haben sich im Austausch mit den anonymen Reviewern bis 2015 hingezogen. Am Ende wurde das mehrmals verbesserte Paper zur Veröffentlichung endgültig abgelehnt. Ich freue mich über jede Begegnung, ob persönlich, telefonisch oder schriftlich per Brief oder Email, die einen Austausch von Gedanken ermöglicht und zur Sache neue fruchtbare Anregungen gibt.
Donnerstag, den 19. Mai 2022
Mehrmals wurde ich gefragt, was das TDP/TP-Verhältnis sei. Für die Fachkollegen ist das ein neues Merkmal. Deshalb stelle ich eine Erklärung ein.
TDP/TP-Verhältnis: Bei der Filtration einer Wasserprobe werden feste Bestandteile vom Wasser getrennt. Bis in die fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts wurde diese Filtration mit Hilfe der Schwerkraft bewerkstelligt. Die Einführung der Wasserstrahlpumpe und der elektrisch betriebenen Unterdruckfiltration erschien vielen Limnologen als Verbesserung. Für Wasserproben aus dem Bergbach trifft das zu, da Detritus abzufiltrieren ist. Wasserproben aus Flüssen, aus Seen und aus dem Meer enthalten lebende Zellen, die durch Druckschwankungen und Trockenfallen beschädigt werden können. Goldman and Dennet (1985) sowie Taylor and Lean (1991) bemerkten die Empfindlichkeit von Algenzellen unter den Bedingungen der Filtration mit Unterdruck. Ein Gerätevergleich mit Schwerkraft und Unterdruck für Wasserproben aus Seen vor der Phosphormessung ist angebracht hinsichtlich der Wirkung auf die Ergebnisse von Phosphormessungen wie das Kiene and Slezak (2006) für DMSOP im Meerwasser getan hatten. Man kann sich vorstellen, welche Veränderung lebende Zellen, die ihren ganzen Lebenszyklus im Wasser verbringen, erleiden, wenn sie plötzlich trocken fallen.
Worterklärung:
TDP = total dissolved phosphorus = gelöster Gesamtphosphor nach Oxidation, wird aus dem Filtrat gemessen
PP = particulate phosphorus = partikulärer Phosphor, ist in Algen und Bakterien enthalten, wird aus dem Filter und dessen Beschlag gemessen
TP = total phosphorus = Gesamtphosphor, Summe aus TDP und PP
SRP = soluble reactive phosphorus = gelöster reaktiver Phosphor, wird aus dem Filtrat ohne vorherige Oxidation gemessen. Da der Phosphor teils im Wasser in Molekülaggregaten vorliegt, erfasst diese Messung nicht den für Pflanzen verfügbaren Phosphor
Der käufliche Filter enthält ebenfalls Phosphor, deshalb müssen Blindproben mitgemessen werden.
Wichtig: das Unverständnis gilt weniger den Ergebnissen als den Arbeitsgeräten.
Ein Naturgeschichtler zentriert seine Sicht auf die Organismen. Die Arbeitsgeräte werden als gegeben betrachtet.
Der Methodiker zweifelt an den Geräten und fragt nach den Grenzen und Vorteilen eines Gerätes und seinen Einsatzmöglichkeiten für unterschiedliche Ziele.
Seenmanagement: Ziele und Anforderungen
Die Verwaltung eines Sees ist heute bestrebt, einen guten Zustand des Gewässers zu erhalten, besonders im Hinblick auf konkurrierende Nutzungen der Freizeit wie Badebetrieb und Angel-fischerei. Der Sachverständige, welcher die Daten dafür liefern soll, steht vor der Aufgabe, verlässliche Unterlagen zu erstellen, damit Voraussagen getroffen werden können. Allerdings gibt es bis heute keine Korrelation zwischen dem Fischbesatz und einem limnologischen Parameter, veröffentlicht in einer Zeitschrift mit Peer-Review. Auch die Unterscheidung von Nährstoffen, die durch den Fischbestand oder den Badebetrieb ins Freiwasser geraten, ist ein weißes Feld. Eine Schlüsselstellung für die Bewertung des Gewässerzustandes nimmt das Zooplankton ein, aber bisher ist es wenigen gelungen, die Biomasse des Zooplanktons mit wachstumsbegrenzenden Einflüssen zu korrelieren. Die Ergebnisse aus dreizehn Jahren Untersuchungen am Buchtzigsee und die Auswertung der Messungen sind bisher eine Ausnahme. Sie stehen auf meiner Homepage, wurden in Fischer & Teichwirt 5/2020 gedruckt und in den Jahresbericht der DGL zur JHV im September 2021 aufge-nommen. Dazu bedurfte es der Verwendung von Geräten, die in der Seenkunde leider aus dem Gebrauch gekommen waren: die Schwerkraftfiltration des Probenwassers und der Pumpenfang des Zooplanktons.
Voraussetzung für diese Arbeitsergebnisse war die Wahl der Arbeitsgeräte unter dem Gesichtspunkt eine mögliche Streuung zu vermeiden. Unter Abwägung von Stärken und Schwächen der Arbeitsgeräte wurde das Zooplankton mit dem Pumpenfang beprobt. Im Labor wurde das Probenwasser vor der Phosphormessung mit Hilfe der Schwerkraft filtriert. Auf diese Weise wurde die bisher bekannte Streuung in den Ergebnissen vermieden und es war möglich, Regressionsgleichungen auf einem signifikanten Niveau zu erstellen. Es war zu zeigen, dass mit der sorgfältigen Wahl der Arbeitsgeräte an den Grundlagen eines Seenmanagement gearbeitet werden kann. Die Verbesserung der Arbeitsgeräte wird auch in Zukunft ein Schwerpunkt der Arbeit sein.
Eine zeitliche Folge von Verbesserungen der Geräte bei der Zooplanktonbeprobung.
Der eine rechnet aus, wie viel Wasser durch eine Netzmasche fließen kann (Hensen 1887).
Der Zweite zeigt, dass ein Netz schnell verstopft (Kofoid 1897).
Der Dritte findet eine Selektivität der Organismen beim Pumpen (Robert (1922).
Der Vierte misst das Pumpvolumen durch Füllung eines Behälters pro Zeiteinheit (Barnes (1949).
Der Fünfte verlangt einen ausreichenden Durchmesser des Ansaugrohres (Elster 1958).
Der Sechste setzt einen Durchflussmesser in die Netzöffnung (Aron 1958).
Der Siebte berechnet die Fließgeschwindigkeit des angesaugten Wassers und vergleicht diese mit der Fluchtgeschwindigkeit der Plankter (Singarajah 1969).
Die Achten machen auf die Reibung aufmerksam, welche im Schlauch auf der Rolle wirkt (Miller & Judkin 1981).
Der Neunte stückelt den Ansaugschlauch (Powlik 1991) um diese Reibung zu vermeiden.
Die Zehnten blicken zurück und zählen, wie viele der Planktologen einen Durchflussmesser in der Netzöffnung verwenden (McQueen and Yan 1993)
Die Elften entfernen die Halteleinen von der Netzöffnung wegen deren störenden Geräuschen (Ohman & Smith 1995).
Der Zwölfte benutzt je einen Durchflussmesser innerhalb und außerhalb der Netzöffnung, um die Effizienz des Netzzuges zu kontrollieren (Sameoto 2013).
Grundsätzlich geht es um den Unterschied zwischen der ideographischen und nomothetischen Haltung. Deutlich hervor tritt der Unterschied im Methodenstreit zwischen Ernst Haeckel und Victor Hensen (siehe Porep 1972). Auf der einen Seite stand der Systematiker Haeckel, der Tiere sammelte, sie beschrieb und ihnen einen Platz im Zoologischen System zuwies. Der Systematiker arbeitet für die Erstellung einer Ordnung nach anerkannten Grundsätzen. Hensen dagegen war Methodiker, er zweifelte an seinem eigenen Gerät und fragte nach seinen Schwächen. Deshalb maß er die Netzmaschen aus und berechnete mit Hilfe des Toricelli-Theorems, wie viel Wasser sein Netz filtrieren kann. Damit stand er am Anfang einer langen Serie von Verbesserungen als Folge von Zweifeln am Gerät. Wir müssen uns davor hüten, die beiden Haltungen ideographisch und nomothetisch nach als Gegensätze zu betrachten. Windelband hat in seiner Straßburger Rektoratsrede ausgeführt, dass in den Lebendwissenschaften beide Haltungen möglich sind. Beide ergänzen sich.
Systematische Kenntnisse sind notwendig, um das Leben im Ökosystem in seiner Vielfalt zu erfassen. Gleichzeitig brauche ich den kritischen Blick auf die Arbeitsgeräte und ihre Auswahl, um von den Stoffumsetzungen im Ökosystem See einen wirklichkeitsnahen Eindruck zu erhalten. Die erarbeiteten Unterlagen müssen ausreichen, um Regressionsgleichungen auf einem signifikanten Niveau zu berechnen. Diese sollen bei der Erstellung von Voraussagen zum ökologischen Zustand des Ökosystem See die Grundlage liefern.
Imre Lakatos hat in seiner Erkenntnisphilosophie darauf hingewiesen, dass es in der Wissenschaft zu einer Sache über lange Zeit unterschiedliche Meinungen geben kann und führte dazu den Streit über das Atomgewicht an. Das äußert sich als verschiedene Paradigmen, die den Arbeitsprogrammen zu Grunde liegen. Ein Paradigma zu ändern ist schwierig, oft ist das nur im Rahmen eines Generations-wechsel möglich. Ich sehe eine ähnliche Erscheinung beim Methodenstreit in der Planktologie.
Freitag, den 7. Juli 2023
Heute war die Einladung zu einer Vernissage in meiner Post. Eine Ausstellung von einem Naturfotografen, allesamt schöne Bilder über Insekten, Blütenpflanzen, auch eine Serie über Kegelrobben und über einen Igel. Das Auge freut sich. Solche Bilder eignen sich gut für Räume, in die Besucher kommen und die sich dort wohlfühlen sollen. Mir fallen die Bilder im Schiller33 ein. Dort sind Bilder aus dem therapeutischen Malen. Dahinter stehen Konflikte, solche welche die Malerinnen und Maler durchleben. Diese Bilder sind für einen Besucherraum schlecht geeignet. Denn auf einen Konflikt aufmerksam gemacht werden, weckt keine schönen Gefühle.
Ich weiß, es gibt Menschen, die wegen der Schönheit der Natur dieselbe studieren. Aber die Natur ist nicht nur schön, sie ist auch grausam. Sandlaufkäfer sind Räuber, so auch Kegelrobben. Dem Igel verzeiht man, dass er Schnecken frisst, denn die Schnecken im Garten sind schleimig und sie fressen den Salat, bevor wir diesen ernten. Fangen und Verzehren der Beute, solche Bilder will niemand an den Wänden eines Besucherraumes sehen, z. B. im Wartezimmer einer Arztpraxis. So schließen wir die Augen vor einem Teil der Wirklichkeit und sortieren. In welchen Räumen bin ich mit unbequemen Bildern willkommen?
Thanks for the remark. This is me. I paid for it.
Regards,
Albert